„Hip-Hop spielt keine große Rolle mehr in meinem Leben. Denn Musik ist eine identitätsstiftende Ware, und der Bedarf an Identitätsstiftung scheint bei mir mit steigendem Alter abzunehmen“, sagt Smudo im Interview mit der Philosophie-Zeitschrift HOHE LUFT ab heute im Handel.

Mit seiner Hip-Hop-Band „Die Fantastischen Vier“ sei der in Hamburg lebende Rapper „Teil der Ich-Kultur der 90er“ gewesen. Ihre Texte nutzen die „Fantas“ als „Bühne, auf der wir uns darstellen konnten.“ „Das traf den Zeitgeist“, erinnert sich Smudo, obwohl am Anfang ihrer Karriere deutsche Musik noch gar nicht angesagt war. „Wir waren Nerds“, sagt Smudo, „die keine Mädchen abbekommen haben.“ „Die Fantastischen Vier“ waren somit ihrem Zeitgeist voraus – und damit erfolgreich. „Heute finden sich die Selbstdarsteller überall im Internet,“ so der Rapper.

Kritisch sieht Smudo, der bürgerlich Michael Bernd Schmidt heißt, „den weltweit boomenden Populismus – den Zeitgeist von heute.“ Auf ihrem neuen Album „Captain Fantastic“ machen „Die Fantastischen Vier“ mit dem Song „Endzeitstimmung“ auch ihrer Wut auf diejenigen Luft, „die sich die Unsicherheit der Menschen zunutze machen und sie mit Schwarz-Weiß-Betrachtungen radikalisieren.“ Für Verschwörungstheorien und die Sehnsucht nach einfachen Antworten hat Smudo nichts übrig, er sucht aber auch nach Erklärungen für den Populismus: „Ich sehe darin auch eine Reaktion auf die Digitalisierung. Die Menschen bekommen immer mehr mit, sind überfordert, und es ist ja ein menschlicher Instinkt, Zusammenhänge zu vereinfachen und auch zwischen nicht verbundenen Dingen Verbindungen zu sehen,“ sagt er. Dabei macht er im Gespräch mit HOHE LUFT klar: „Ich sage es rundheraus: Dieser Zeitgeist kotzt mich an.“ Obwohl die Musik für den 50-Jährigen nicht mehr so wichtig ist wie in der Jugend, bewahrt er sich die Werte „seines“ Hip-Hop: „Toleranz, Offenheit, gegenseitiges Verständnis.“

 

 

 

 

 

Quelle:  HOHE LUFT, Bildrechte: Stefan Brending/Wikipedia

 

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