Skandale gab es immer mal wieder bei der Echo Verleihung. Die Texte von Rapper Bushido wurden regelmäßig vom Ethik-Beirat geprüft. Immer wieder erwogen die Echo-Verantwortlichen, den Rapper von der Verleihung auszuschließen. 2015 setzte Bushido den Diskussionen selbst ein Ende. In einer Video-Botschaft erklärte er, nie wieder an einer Echo-Verleihung teilnehmen zu wollen. Warum auch? Immerhin hatte er schon fünf Echos im Schrank stehen. Die größte Kontroverse dürfte die Band Frei.Wild ausgelöst haben. Die Südtiroler Deutschrockband war 2013 in der Kategorie „Rock/Alternative National“ nominiert, geriet zuvor aber immer wieder wegen rechtsnationaler Texte in die Kritik. Die in der gleichen Kategorie nominierten Bands Kraftclub, Die Ärzte und die Musikerin MIA sagten deshalb ihre Teilnahme an der Preisverleihung ab. Die Echo-Verantwortlichen zogen die Nominierung von Frei.Wild daraufhin zurück. Doch 2016 wurde die Band dann doch noch mit Deutschlands wichtigstem Musikpreis ausgezeichnet. Daher habe ich lange überlegt, ob ich über den gestrigen Vorfall und die betreffenden „Künstler“ schreiben soll. Gebe ich ihnen damit eine weitere Plattform, um ihre kranken Texte zu promoten oder muss man da seine Stimme erheben, damit dieser Form der Menschenverachtung Einhalt geboten wird? Ich habe mich dafür entschieden, denn desto mehr Menschen sich dazu äußern, desto größer die Chance, dass sich solche Künstler erst einmal Gedanken über ihre Texte und deren Wirkung machen.

Bereits im Vorfeld sorgten die Kollegah und Farid Bang für Aufregung – weil sie trotz antisemitischer Textzeilen für zwei Echos („Album des Jahres“ und „Hip-Hop/Urban National“) nominiert wurden. Auch nach massiver Kritik (u.a. auch von Auschwitz-Überlebenden) und Prüfung durch den Ethik-Beirat des Musikpreises blieben die Nominierungen bestehen. Jetzt gewannen sie sogar den Echo. Doch vorher knallte es! Gegen 20.45 gingt es los: Zumindest Campino, Sänger der Toten Hosen, hatte sich Gedanken über die Kontroverse gemacht und einiges zu sagen. Als er den Preis der Band für „Rock National“ auf der Bühne ohne seine Bandmitglieder entgegennahm, zückte er seine Notizen und erklärte: „Ich habe mir viele Gedanken gemacht angesichts des Streits um ein Lied. Ob es sinnvoll ist, überhaupt hier hinzukommen. Der einfachste Weg wäre: Man entzieht sich der Situation, bleibt Zuhause. Ich persönlich glaube aber: Wer boykottiert, kann nicht mehr diskutieren. Wer nicht mehr diskutiert, überlässt das Feld den anderen. (…) Ich mache mit den Toten Hosen seit über 30 Jahren Musik. Ich bin ein bisschen vom Fach. Das Stück über das sich alle streiten, kommt aus dem Battle Rap, wo es darum geht, sich gegenseitig zu toppen. Wenn man das bedenkt, relativiert sich alles. Wir sollten keinen tieferen Sinn suchen, wo es keinen Sinn gibt.“

„Im Prinzip halte ich Provokation für gut und richtig. Aus ihr heraus können verdammt gute Sachen entstehen. “Habe Provokation aber eine frauenfeindliche, homophobe, rechtsextreme oder antisemitische Form, würde eine Grenze überschritten, so der Sänger. „Ich bin nicht die Bundesprüfstelle und auch nicht die Ethikkommission. Aber ich spreche für alle, die so denken wie ich: Verbote und Zensur sind nicht die Lösung. Ich hoffe, dass wir durch solche Auseinandersetzungen zu einem anderen Bewusstsein finden, was noch erträglich ist und was nicht.“ Kollegah und Farid Bang wollten live im Saal nicht auf Campino antworten. Kollegah nur: „Also ich will keine Politik-Debatte drum machen. Wir sind hier, um einen guten Abend zu haben und um zu feiern. Wem das Thema am Herzen liegt, soll uns auf der Aftershow-Party ansprechen.“ Dann aber gewannen die beiden Rapper um 21.40 tatsächlich in der Kategorie „Hip Hop National“ – und schossen in ihrer Dankesrede dann direkt gegen ihren Kollegen Campino. Kollegah sagte: „Ich habe ein kleines Schulreferat vorbereitet und wollte was zur Debatte sagen. Nachdem der Ethikausschuss darüber entschieden hat, sich dann noch als Künstler, der aus derselben Stadt kommt wie wir, als moralische Instanz aufzuspielen und uns an den Pranger zu stellen ist stillos, und gebührt so einem großen Künstler wie Campino nicht. Aber: Als Zeichen des Friedens habe ich die Zeit genutzt und ein schönes Portrait gezeichnet, das ich zu einem guten Zweck versteigern werde.“

Er hielt eine Karikatur von Campino mit Heiligenschein hoch.

Fazit: wir leben in einem demokratischen Land, indem Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist. Fraglich aber ist, ob auch menschenverachtende und frauenfeindliche Texte als freie Meinung gewertet werden oder gar ausgezeichnet werden dürfen. Da es sich hier ganz offensichtlich nicht um kreative Freiheit und freie Meinungsäußerung handelt, sondern um Beleidigungen und antisemitisches Gedankengut, gehören diese vermeintliche Künstler weder auf eine offene Bühne und schon gar nicht in eine Preisverleihung.

 

 

 

 

 

 

Quelle: Echo, Bild, Bildquelle: Echo.de

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