Der Fotograf spricht im Interview über das Geheimnis guter Fotografie, den Unterschied zwischen Joaquin Phoenix und Johnny Depp und die Arbeit seiner Kollegen

 

Für gute Fotografie gibt es laut dem Fotografen Albert Watson eine Grundbedingung. Diese verrät der 74-Jährige in einem Interview: „Man muss nett sein. Freundlich. Zu einem Händler auf dem Markt in Marrakesch genauso wie zu einem König. Und dann bleibt immer noch die Frage, wie sicher sind Menschen, wissen sie, wer sie sind? Am schwierigsten sind unsichere Menschen.“ Ob jemand unsicher ist, erkennt Watson nicht immer sofort. „Komischerweise sind es oft Schauspieler, bei denen man denkt, sie setzen sich dauernd mit ihrer Wirkung auf andere auseinander und wissen, wie sie wirken. Aber dann sind sie nur sicher in ihren Rollen, nicht als Mensch.“

 

Joaquin Phoenix etwa wolle geführt werden, Johnny Depp dagegen sei ganz anders. „Ihm ist es egal, er ist einfach da und steht vor der Kamera.“ Watson fotografierte unter anderem Alfred Hitchcock mit einer toten Ente, Mick Jagger geschminkt als Raubtier und Steve Jobs in seinem markanten Rollkragenpullover – eines seiner bekanntesten Bilder. „Das Steve-Jobs-Bild war für die italienische Vogue.“, erzählt der gebürtige Schotte. „Wir hatten tolles Licht aufgebaut, und ich wollte eine Linse, die nur einen Vier-Zentimeter-Fokus hat. Die Idee war, nur die Augen scharf zu haben, und dafür haben wir einen Ringblitz benutzt.“

 

Im Interview verrät Watson auch, was er an der Arbeit seiner Kollegen schätzt – und was weniger. „Terry Richardsons Bilder haben eine Rauheit, wenn sie gut sind. Aber ich vermisse Intimität, Vertrautheit zu dem, den er fotografiert. Aber das ist bloß mein persönlicher Geschmack. Ich finde auch die Bilder von Helmut Newton nicht sexy. Ab und zu vielleicht. Aber meist erinnern sie mich an Militärparaden. Ich finde es nicht sexy, wenn drei nackte Frauen auf mich zumarschieren.“ Seine Sicht auf Peter Lindbergh? „Peter hat zu viel Zeit mit Models verbracht. Ich bin gelangweilt von perfekten Augen, perfekten Wangenknochen. Bei Castings sehen für mich alle Models gleich schön aus. Perfektion ist langweilig. Ich suche die anderen Gesichter, die interessanten Frauen. Doch bei aller Kritik an Lindbergh, er ist ohne Zweifel ein großer Fotograf.“

 

„Mode ist tot“, sagt Watson weiter. „Was aktuell wirklich Mode ist, sind Ausstellungen im MoMA von Alexander McQueen, wo 96 Prozent der gezeigten Stücke nie in die Produktion gegangen sind. Wir leben im Zeitalter der Technologien. Wenn mir jemand ein neues Kleid zeigt, beeindruckt mich das nicht mehr. Wenn mir jemand einen Song vorspielt … nichts. Aber mit einem Klick am Computer aus 190.000 Filmen auswählen zu können, das beeindruckt mich.“

 

 

 

Quelle: TERRITORY, Bildquelle: Albert Watson

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