Eindringlich und verletzlich. Dabei erhobenen Hauptes und anmutig. Verunsichert, vielleicht sogar nachhaltig traumatisiert, dennoch selbstbewusst und offenen Blickes für das Gegenüber. Die Porträtwelten von Salvador „Salva“ Ginard sind so verstörend wie betörend und scheinen voller Brüche zu stecken. Doch letzten Endes zeigen sie genau das, was menschliche Entität ausmacht: Ein Kaleidoskop aller nur denkbaren charakterlichen Facetten, konträrer Gedanken und Gefühle, zuwider laufender Wünsche und Realitäten, die die Vorstellung von einer klar definierten Persönlichkeit gezielt unterlaufen. Und zeigen, dass ein Gesicht weniger wahre Identität, als vielmehr ein illusorisches Konstrukt ist.

SalvadorGinard-Elena

Das Gesicht als Spiegel der Seele

Tatsächlich geht es Salvador Ginard in seinen Arbeiten auch gar nicht um das Gesicht als solches; statt physiognomischer oder formal ästhetischer Aspekte reizt ihn vielmehr, was hinter dem Antlitz liegt, ja möglicherweise lauert. Zweifel, Abgründe, stille Sehnsüchte, enttäuschte Hoffnungen und verborgene Träume: Es ist dieses sprichwörtliche unsichtbare Brodeln unter der Oberfläche, das er zutage fördern will. „Ich will hinter die Fassade schauen, sie durchdringen und das, was wir explizit nicht sehen, hervorholen.“, sagt der Mallorquiner. Seine Arbeiten sind demnach als gemalte Seelenzustände anzusehen, wo das Innere sich Bahn bricht, nach Außen gekehrt wird und dort förmlich explodiert. Diesen Effekt erzielt Ginard durch die hohe Pastosität seiner Werke, verstärkt durch eine expressive Multicolor-Sprache, wobei gezielte Fragmentarisierungen und Verfremdungen, Auslassungen sowie linear angeordnete Verschiebungen von Bildebenen die ganze Komplexität, Widersprüchlichkeit, ja Schizophrenie unseres Daseins aufzeigen. „Der Mensch ist nunmal kein flaches, eindimensionales Wesen, sondern ein Cluster von unzähligen, ganz individuellen Emotionen und Erfahrungen. Jeder hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Träume und Traumata. Und natürlich auch seine ganz eigene Wahrnehmung darüber, wer oder was er ist.“, so der 45-Jährige. Es ist genau diese Selbstwahrnehmung, die Ginard aufdecken will, um ihr dann intensiv nachzuspüren. Wie stehe ich zu mir? Was fühle ich? Wo bin ich seelisch und mental verortet? Seine Arbeiten fokussieren endogene Prozesse, die von emotionaler Unsicherheit, Überforderung und Instabilität geprägt sind. Die Fremdwahrnehmung als exogenen Faktor der Charakterschreibung, respektive die Interpretation dieser Seelenantlitze, überlasst Salvador Ginard allein dem Betrachter –  der dank der anmutigen Inszenierungen und der stimmungsvollen Farbeffekte auch einen versöhnlichen Gestus entdecken kann. Womit das Dunkle und Verborgene in Ginards Bildwelten mittels Ästhetisierung am Ende auch ein Stück weit ins Hoffnungsfrohe und Lebensbejahende gewandelt wird.

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Das Gesicht als Spiegel der Seele: Salvador Ginard rückt diesem Theorem in seinen Werken höchst impulsiv zu Leibe und wagt den mutigen Versuch, das Metaphysische, das sinnbildlich Unfassbare sichtbar zu machen. Jedes seiner Bilder ist dabei ein Mosaikstein auf seinem weiteren Weg zur Erkenntnis über innere Wahrheit und Wahrhaftigkeit. „Ein Bild bedingt das nächste; kein einziges birgt eine in sich geschlossene Geschichte, sondern gleicht vielmehr einem Tagebucheintrag oder einer Momentaufnahme. Es lässt Dinge bewusst offen, birgt Makel und Zufälligkeiten.“, fasst Ginard den narrativen Gehalt seiner Bilder zusammen.

 

Bacon und Pollock als Vorbilder

Als Vorbilder seines impulsiven, verfremdenden, betont disruptiven Stils nennt der Spanier Malergranden wie Jackson Pollock und Francis Bacon. Greifen Salva Ginards Porträts den deformierten und dynamischen Charakter von Bacons Figuren auf, so liegen seine Rückbezüge zu Pollock auf dessen Unmittelbarkeit und Radikalität. Zudem waren Pollocks und Bacons Werke auch Ausdruck ihres Kampfes mit den eigenen inneren Dämonen – ein Aspekt, der ebenso für Ginards Malerei von großer Relevanz ist. „Malen ist rein formal ein handwerklicher und physischer Prozess, aber der Ursprung jedes künstlerischen Impulses liegt im Inneren. Von daher hat die Malerei immer etwas sehr Originäres, Intimes und Verletzliches.“, sagt Ginard.

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„SALVA“ verrät uns somit nicht nur einiges über die „Künstlerseele“ und deren Impetus, über schöpferische Prozesse und die finale Bildwerdung – sondern vor allem viel über uns selbst. Womit die Bilder vielleicht als universeller Seelenspiegel taugen…

 

Salvador Ginard kam über sein Architekturstudium in Barcelona zur Malerei und ist auch als Lyriker, Komponist und Musiker aktiv. Er lebt und arbeitet in Palma de Mallorca. Seine Werke sind in zahlreichen Privatsammlungen auf den Balearen und in Spanien vertreten und wurden bereits auf der Art Fair gezeigt. „Salva“ bei 30works II ist seine erste Soloausstellung in Deutschland.

 

Die Laudatio auf den Künstler wird Kulturjournalistin Yorca Schmidt-Junker halten.

 

 

Salvador Ginard „SALVA“ @ 30works II

 

Vernissage: 25. November 2017, 19:30 Uhr

Laudatio: Yorca Schmidt-Junker

Ausstellung: 25.11. – 23.12.2017

Öffnungszeiten: Di-Sa 12-19 Uhr

30works Galerie II – Pfeilstraße 47 – 50672 Köln – 0221/5700250

 

 

 

 

Text – und Bildquelle: 30works Galerie

 

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